NEXUS / ASS.TEC GmbH
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Erschienen: S@pport, 10-2015
„Wir denken heute ans Morgen, weil wir das Gestern kennen“ ist der aus langer Tradition geprägte Slogan des schwäbischen Mittelständlers Johannes Steiner GmbH & Co. KG, der bereits 1903 gegründet wurde und damals Zulieferteile für die Uhrenindustrie herstellte. Heute produziert das Unternehmen mit rund 140 Mitarbeitern am Standort Wehingen, grob 100 Kilometer südlich von Stuttgart, eine große Vielfalt von Kalt- und Warmpressteilen, Überwurfmuttern und Schneidringen aus Stahl und Edelstahl u.a. für die Automotive-Industrie.
Weitestgehend automatisierte Geschäftsprozesse
Dass dies im heiß umkämpften Automobilzuliefermarkt nur mit modernsten High-Tech-Anlagen und effizienter Produktion mit hohem Automatisierungsgrad funktioniert, versteht sich von selbst. Daher setzte Steiner schon 2005 auf die komplette SAP-Steuerung. Heute ist es SAP ECC 6.0 mit den Modulen FI, CO, WM, MM, SD und PP, um die Vielzahl von Unternehmensprozessen von der Auftragsannahme über die Beschaffung und Fertigung bis zur Lagerung, Auslieferung und Rechnungsstellung medienbruchfrei abzuwickeln.
Allerdings gab es bis vor kurzem in dieser automatisierten Prozesskette noch eine Lücke: Das „Behältermanagement“ als Teil der Lieferlogistik, die überwiegend manuell, teilweise mit zu viel „Papierkrieg“ via Rohrpost abgearbeitet wurde und daher nicht nur zeitaufwändig, sondern auch fehleranfällig war: Beim Abtippen der Stückzahl oder Materialnummer der einzulagernden Produkte konnten sich zum Beispiel Zahlendreher einschleichen, so dass sich am Ende in einem tonnenschweren Behälter nicht 20.000 verzinkte, sondern gehärtete Überwurfmuttern befanden. Oft genug wurde das erst kurz vor der Auslieferung bemerkt und eine bereits gepackte Lieferpalette musste erneut bestückt werden.
Darüber hinaus war Steiner stark gewachsen und das alte, auf 900 Behälter ausgelegte Lager, war bis zum Rand gefüllt. „Wir konnten keine vernünftige Ordnung mehr halten, die Behälter wurden immer gerade dorthin gestellt, wo Platz war“, erklärt Vanesa Tomic, Assistentin der Geschäftsleitung und Mitglied des Projetteams.
„Hoch hinaus“
„Um unseren Kundenservice mit höchster Qualität, absoluter Termintreue und Flexibilität, noch weiter zu verbessern, entschieden wir uns Anfang 2012 zum Aufbau eines Logistikzentrums mit Hochregalen für 3.600 Behälter und elektronisch gesteuerter Lagerplatzverwaltung. Das heißt, der gesamte Geschäftsprozess von der Kundenbestellung über die Fertigung, Oberflächenbehandlung durch Härtung oder Galvanisierung über die temporäre Einlagerung bis zur Auslieferung sollte elektronisch gesteuert ablaufen. Entwicklung, Einrichtung, Test und Inbetriebnahme des SAP-Projektes übernahm unser langjährigeres SAP-Beratungshaus ASS.TEC. Das Lagerplatzverwaltungssystem wurde von der MFI AG, einem Komplettanbieter für intralogistische Anlagen, sprichwörtlich errichtet, d.h. inklusive aller Hochregale, Förderbänder und natürlich der Software für die Steuerung. Die Programmierung der Schnittstellen zwischen SAP und MFI fiel in den Verantwortungsbereich von ASS.TEC“, erklärt Dino Steiner, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Steiner GmbH & CO. KG.
Medienbruchfreie Kommissionierung
Gut anderthalb Jahre dauerte das Projekt, in dem das ASS.TEC Team teilweise mit bis zu fünf Mitarbeitern gemeinsam mit dem Kunden und dem Lagerverwaltungsspezialisten MFI das neue Logistikzentrum konzipierte, entwickelte und schließlich bis zur letzten Schraube der Hochregale in dem 20 Meter hohen und 50 Meter langen Gebäude aufbaute. Seitens Steiner übernahm Geschäftsführer Dino Steiner die Projektleitung.
Dazu gehörte in erster Linie die kundenspezifische Neu-Entwicklung des Behältermanagements, die Programmierung der Schnittstellen zwischen der bestehenden SAP-Lösung und dem neuen EDY-Lagerverwaltungssystem von MFI, aufwändige Live-Tests und natürlich das Going Live zum 1. Juli 2014.
Ordnung und Übersicht
Steiner produziert pro Jahr rund 220 Millionen metallische Kleinteile, die im neuen Lager insgesamt 3.600 Behälter füllen. Je nach Auftragsstatus sind sie als Blankteile oder gehärtet, mit Zink oder Zink-Nickel silber-, gold- oder blauglänzend galvanisiert vorhanden. Der Behälterinhalt kann sich abhängig von der Auslieferung an den Kunden stündlich ändern. Wenn sich die Teile gerade im externen Galvanisierbetrieb oder in einer Härterei befinden, sind ganze Behälter außer Haus.
„Die Herausforderung an das neue Behältermanagement war, in SAP jederzeit Transparenz darüber zu herzustellen, welcher Behälter welche und wie viele Teile, roh oder bereits oberflächenbehandelt enthält. Es war also erforderlich, die Materialbewegungen auch innerhalb des Lagerverwaltungssystems sowie bei externen Dienstleistern wie Galvanik und Härterei und damit außerhalb der SAP Materialwirtschaft, permanent fortzuschreiben und dies in Echtzeit zu dokumentieren. Im Mittelpunkt des ganzen Systems stand also die korrekte Barcode-Kennzeichnung der Behälter, die sich als führende Information durch den gesamten Prozess zieht“, erklärt Gerhard Baum, ASSTEC.
Da es innerhalb von SAP bis dato keine Standard-Lösung gab, begann das ASS.TEC-Team diese innerhalb von SAP neu zu definieren und zu programmieren. Die Prozessabstimmung und grafische Dokumentation erfolgte in ARIS. Das hat den Vorteil, dass der gesamte Prozess jederzeit logisch und einfach lesbar und via E-Mail verteilbar ist, so dass über jeden Prozessschritt hinweg transparent nachvollziehbar ist, welcher Benutzer mit welchen Daten arbeitet. Zudem dient die ARIS Dokumentation auch als Handbuch für Benutzer.
Um dies in Kombination mit dem Lagerverwaltungssystem und den Lohnbearbeitern zu realisieren, programmierte ASS.TEC die entsprechenden Schnittstellen.
Die Geschäftsleitung und die Key User in der Verwaltung und im Lager wurden bereits von Anfang an in das Projekt mit einbezogen, um sie zeitgerecht mit dem neuen System vertraut zu machen.
Aufwändige Tests
Ein unverzichtbarer Projektschritt waren aufwändige Tests, die ASS.TEC gemeinsam mit dem Kunden und MFI durchführte. Dafür wurden alle relevanten Daten für den gesamten Prozess in das SAP-Testsystem eingegeben und der Ablauf insgesamt zwei Wochen getestet. Dabei mussten anfängliche Fehler auf SAP- und EDY-Seite regelmäßig korrigiert und erneut einer Prüfung unterzogen werden, bis alle Prozessschritte einwandfrei durchliefen. Anschließend begleiteten ASS.TEC und MFI die Kommissionierer noch rund drei Wochen, um sie direkt am System zu schulen, bei Problemen zu helfen und sie bei einer eventuellen Störungsbehebung zu unterstützen.
Während anfangs vor allem im Lager an den Kommissionierplätzen noch Skepsis vorherrschte, weil neue Arbeitsvorgänge an den Terminals erforderlich waren, so erkannten die Mitarbeiter – nach ein wenig Überzeugungsarbeit seitens des Projektteams und Übung – doch sehr schnell die Vorteile und die Arbeitserleichterung, die ihnen die neue Lösung bringen würde. „Als unsere Mitarbeiter quasi das Laufen gelernt hatten, waren sie von der neuen Abwicklung begeistert. Heute kann sich keiner mehr vorstellen, wie wir früher gearbeitet haben“ erzählt Vanesa Tomic aus der Praxis.
Transparenz beim gesamten Logistikprozess
Seit das System im Juli 2014 live ist, herrscht nicht nur Ordnung im Lager, sondern vor allem auch die gewünschte Transparenz durch den gesamten Logistikprozess hinweg. Insgesamt gibt es vier Kommissionierplätze, von denen in der Regel zwei für die Bereitstellung zum Versand an die Galvanik und zwei für die Kundenauslieferung genutzt werden.
Steiner produziert auftragsorientiert im ersten Schritt „Blankteile“, die zunächst in großen Behältern im neuen Hochregallager gelagert und in einem zweiten Schritt oberflächenbehandelt werden. Vor der Auslieferung an die Kunden erhält der Mitarbeiter an einem der beiden „Galvanik-Plätze“ auf seinem Terminal via EDY zum Beispiel den Auftrag, 10.000 blanke Überwurfmuttern für die Galvanik zu kommissionieren. Er gibt den Auftrag im System frei, worauf das Lagerverwaltungssystem den entsprechenden Behälter ermittelt und über ein Kettentransportsystem direkt an den Kommissionierplatz liefert. Der Mitarbeiter füllt mit Hilfe einer exakten Waage die erforderliche Menge an Muttern in einen neuen Behälter, der zum Ausgang für den externen Galvanisierbetrieb transportiert wird. Der erste Behälter geht zurück ins Hochregallager. Der Galvanisierauftrag erfolgt über SAP. Nach der Oberflächenbehandlung trifft der Behälter mit den verzinkten Muttern am Wareneingang ein und wird gescannt, worauf SAP automatisch den Wareneingang und den Transportauftrag an EDY erzeugt, um den Behälter erneut zu lagern.
Zeitgleich informiert SAP den Vertrieb über den Eingang der nun lieferfähigen Überwurfmuttern. In SAP wird der Lieferauftrag angelegt, der wiederum automatisch den Transportauftrag an EDY überträgt und dem Lagermitarbeiter auf sein Terminal liefert. Mit einem Klick auf „Kommissionieren Starten“ leitet der Mitarbeiter im Lager die entsprechende Routine ein und bekommt wiederum den Behälter mit den nun fertigen Teilen an seinen Platz transportiert. Das System informiert ihn, in welchen Stückzahlen er sie in welche Kartons verpacken muss. Anschließend gehen die Kartons an den Umreifungsplatz, wo die gesamte Palette umreift und von dort aus per Gabelstapler auf einen LKW verladen wird. Der Lieferschein wird per SAP automatisch erzeugt und der Ware beigelegt, der Rechnungsversand erfolgt extra per Post, E-Mail oder Fax.
Effizienzsteigerung und Fehlerreduzierung
Mit dem neuen Hochregallager und der Einführung der vollautomatischen Kommissionierung kann Steiner heute seine Auftrage deutlich effizienter abwickeln: „Pro Mitarbeiter sparen wir rund fünf Stunden Arbeitszeit in der Woche ein, dazu kommt, dass die Fehlerquote nahezu gegen Null tendiert. Dadurch können wir immer pünktlich liefern“, erklärt Vanesa Tomic zufrieden. Außerdem wurde durch den Neubau des großen Hochregallagers in den alten Räumen viel Platz für die Produktion frei, so dass Steiner auch in dieser Hinsicht für die Zukunft optimal gerüstet ist.